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„Wir leben von der Hand in den Mund“

Das Thema Ernährungssicherheit in der Welt, in der Europäischen Union bis in die südbadische Region hinein beleuchtete auf dem Landesbauerntag Richard Riester, Abteilungsleiter Agrarmärkte und Ernährung bei der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) Schwäbisch Gmünd.

Untermauert mit umfangreichen Statistiken zu Produktion, Vermarktung und Lagerhaltung wesentlicher landwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Ernährung erklärte er, dass Europa nach seinem Dafürhalten zu sorglos mit dem Thema Ernährungssicherheit umgeht. „Die EU steht mit abgesägten Hosen da, was Vorräte angeht. Wir leben von der Hand in den Mund“,  lautete eine Schlussfolgerung aus dem präsentierten Zahlenwerk. China  verhalte sich bei der Lagerhaltung deutlich vorausschauender. Mit China reichten die Weltvorräte 2023/24 zum Beispiel bei Weizen noch 115 Tage, ohne China nur 54 Tage. Was Selbstversorgungsgrade und Ernährungssicherheit angeht, sieht Riester „erhebliche potenzielle und latente Risiken im System“. Auf die hiesige Region heruntergebrochen sagte er: „In Südbaden haben wir nur ein Drittel der Ackerfläche, die pro Kopf nötig wäre“.

Der Fachmann von der LEL riet zu mehr Vorsicht beim Thema Ernährungssicherheit: „Sich als Gesellschaft mit der Ernährungssicherheit zu beschäftigen und Vorräte zu haben, wäre kein Luxus, und darauf hinzuweisen, keine Schwarzmalerei,“ betonte Riester und erhielt bei seinem landwirtschaftlichen  Publikum große Zustimmung. Das bäuerliche Betriebseinkommen unter den hiesigen Strukturverhältnissen war ein weiteres Thema von Riesters Vortrag.

Riester schloss mit sechs zusammenfassenden Hauptpunkten:

  • Die letzten 20 Jahre konnte das globale Produktionswachstum mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten.
  • Die globalen Mehrernten wurden (und werden) von der Tierhaltung und dem Energiebereich aufgesogen.
  • Baden-Württemberg und Südbaden sind weit von der Selbstversorgung entfernt.
  • Das Thema Ernährungssicherheit ist in der EU und in Deutschland wie ausgeblendet und dringt so gut wie nicht ins Bewusstsein von Medien und Politik.
  • Die Betriebe in Baden-Württemberg sind unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nur mit öffentlichen Geldern existenzfähig.
  • Nur wenn Rahmenbedingungen geschaffen würden, die deutlich höhere Erzeugerpreise ermöglichten, könnte auf diese Gelder verzichtet werden.

enz