Das Bundeskabinett hat am 23. März weitreichende Hilfen für Bürger und Unternehmen beschlossen, die durch die Corona-Krise betroffen sind. Auch die Landwirtschaft wird unterstützt, besonders beim Einsatz von Saisonarbeitskräften.
Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung vom vergangenen Montag weitreichende Hilfen für Bürger und Unternehmen beschlossen, die durch die Corona-Krise betroffen sind. Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, hat dabei in den Verhandlungen auch Erleichterungen für die Land- und Ernährungswirtschaft erreicht. Die Belange der Branche werden maßgeblich berücksichtigt, urteilt das Bundeslandwirtschaftsministerium gegenüber der Presse. Aufgrund der Ausgangssperre in Rumänien hätten viele Landwirte aktuell die Sorge, dass für Aussaaten und Ernte nicht genügend ausländische Saisonarbeitskräfte nach Deutschland kommen. Auch viele Saisonarbeiter aus Polen – die kommen könnten – seien zögerlich, da sie fürchten, bei ihrer Rückreise in Quarantäne zu müssen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte deshalb nach eigenen Angaben schnell gehandelt und Vorschläge gemacht, wie sichergestellt werden kann, dass Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland sind und wollen, länger hier arbeiten können. Zudem wurden verschiedene Anreize für andere Gruppen vorgeschlagen, um sie als Helfer für die Landwirtschaft zu gewinnen. Im Kabinett wurden dazu laut Informationen des Bundeslandwirtschaftsministeriums die folgenden Punkte beschlossen:
70-Tage-Regelung ausgeweitet
1. Land- und Ernährungswirtschaft werden als systemrelevante Infrastruktur anerkannt.
- Somit ist es hinsichtlich Quarantänemaßnahmen und Betriebsschließungen möglich, dass diese Infrastruktur unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes aufrechterhalten bleibt.
2. Ausweitung der „70-Tage-Regelung“: Saisonarbeitskräfte dürfen bis zum 31. Oktober eine kurzfristige Beschäftigung für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei ausüben. Bisher war das für bis zu 70 Tage möglich. Das reduziert auch die Mobilität und somit die Infektionsgefahr.
- Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland und auch dazu bereit sind, können so länger hier arbeiten. Das hilft den Betrieben bei der Ernte und Aussaat.
- Das Kriterium der Berufsmäßigkeit für die Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft gilt weiterhin.
3. Arbeitnehmerüberlassung
- Das Bundesarbeitsministerium wird hierzu eine Auslegungshilfe vorlegen, wonach Arbeitnehmerüberlassung in der Corona-Krise ohne Erlaubnis möglich ist und das streng auszulegende Kriterium „nur gelegentlich“ dem nicht entgegensteht.
- Die Regelung ist wichtig, um flexibel auf die Krise und auf mögliche Personalverschiebungen zwischen den Wirtschaftszweigen (in Richtung Ernährungs- und Landwirtschaft) reagieren zu können.
4. Erleichterungen bei der Anrechnung von Einkommen aus Nebentätigkeiten für Bezieher von Kurzarbeitergeld
- Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung wird übergangsweise bis Ende Oktober 2020 bis zur Höhe des Nettolohns aus dem eigentlichen Beschäftigungsverhältnis nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
- Mit dieser Regelung wird der finanzielle Anreiz zur Aufnahme einer Nebenbeschäftigung als Saisonarbeitskraft erhöht.
5. Die Hinzuverdienstgrenze bei Vorruheständlern wird in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich angehoben und in der Alterssicherung der Landwirte vollständig aufgehoben.
- Die Regelung gilt für die gesamte Dauer des Jahres 2020. Auf diese Weise werden Anreize für eine vorübergehende Beschäftigung in der Landwirtschaft geschaffen.
6. Arbeitszeitflexibilisierung
- Die bisher im Arbeitszeitgesetz vorgesehenen Ausnahmeregelungen (10-Stunden-Grenze/6-Tage-Woche) reichen nicht aus, um auf außergewöhnliche Notfälle, insbesondere epidemische Lagen von nationaler Tragweite, schnell, effektiv und bundeseinheitlich reagieren zu können.
- Das Bundesarbeitsministerium erhält eine Verordnungsermächtigung, um in außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, angemessene arbeitszeitrechtliche Regelungen zu erlassen.
- Im Rahmen der Verordnung werden die landwirtschaftliche Erzeugung, Verarbeitung, Logistik und der Handel mit Lebensmitteln ausdrücklich berücksichtigt.
7. Kündigungsschutz: Landwirten, die aufgrund der Corona-Krise Schwierigkeiten haben, ihre Pacht zu bedienen, darf bis zum 30. Juni nicht einseitig gekündigt werden.
„In der jetzigen Lage hat die Aufrechterhaltung der Lebensmittelversorgung höchste Priorität. Den Betrieben, die das gewährleisten, greifen wir mit den Beschlüssen unter die Arme. Ihr Funktionieren ist entscheidend für uns alle. Die Lebensmittelversorgungskette ist systemrelevant“, betonte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zu den Beschlüssen.
bmel/red
BLHV-Anliegen berücksichtigt
Der BLHV hatte vor der Entscheidung des Bundeskabinetts zu den Corona-Hilfen für die Landwirtschaft eindringlich an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner appelliert, Erleichterungen für die Bauern besonders bei der Anwerbung dringend benötigter Saisonarbeitskräfte zu ermöglichen.
Der BLHV begrüßt die Entscheidung des Bundeskabinetts und sieht damit seinen Einsatz weitgehend belohnt. Nicht berücksichtigt, so der BLHV, wurden unsere Forderungen, die Entgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung anzuheben und die Prüfung der Berufsmäßigkeit bei kurzfristiger Beschäftigung vorübergehend auszusetzen. Auch seien keine Hinzuverdiensterleichterungen für Arbeitslose oder Asylbewerber enthalten. Gerade für diese Personenkreise sollten aber wie für Bezieher von Kurzarbeitergeld Anreize geschaffen werden, Arbeiten in systemrelevanten Branchen wie der Landwirtschaft aufzunehmen, betont der BLHV. Der BLHV begrüßt zudem ausdrücklich das Soforthilfeprogramm der Landesregierung. „Von der Förderung des Landes profitieren die gewerblichen Nebenbetriebe unserer Landwirte wie Strauße oder Urlaub auf dem Bauernhof“, so Dr. Martin Armbruster, Fachreferent beim BLHV.
red
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