Brechen Tiere aus einer Weide aus und geraten zum Beispiel in den Straßenverkehr, besteht die Gefahr, dass Dritte geschädigt werden. In solchen Fällen wird der Tierhalter zur Verantwortung gezogen und muss Schadenersatz leisten, wenn ihn ein Verschulden an dem Ausbruch der Tiere trifft.
Im Zusammenhang mit dem Wolf im Schwarzwald haben viele Tierhalter die Sorge, bei Wolfsattacken könnten ihre Tiere schnell in Panik geraten und aus der Weide ausbrechen. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass schon in der Vergangenheit, lange bevor es wieder Wölfe in Deutschland gab, Rinder immer wieder aus der Weide ausgebrochen sind. Zum Beispiel, wenn Hunde von Spaziergängern in die Weide gelaufen sind und die Tiere aufgescheucht haben.
Beratung im Einzelfall wichtig
Die nachfolgenden Ausführungen können keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Gerade bei der Haftung kommt es sehr auf die konkrete Konstellation im Einzelfall an. Sie sollen jedoch erste Hinweise sein, in welche Richtung sich ein möglicher Haftungsfall entwickeln könnte. Die gesetzliche Tierhalterhaftung nach § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthält für professionelle Tierhalter im Haupt- und im Nebenerwerb eine Haftungserleichterung. Haben diese Tierhalter die „üblichen Maßnahmen im Rahmen der Hütesicherheit“ getroffen, ihre Tiere brechen dennoch aus und fügen anderen Menschen Schaden zu, haftet der professionelle Tierhalter im Gegensatz zum Hobbytierhalter nicht. Und auch seine Haftpflichtversicherung muss nicht eintreten. Denn diese greift nur, wenn der Tierhalter einen Schaden bezahlen müsste. Welche Maßnahmen der Hütesicherheit muss nun der Tierhalter treffen? Das richtet sich nach der Gefährdung der Umgebung bei einem möglichen Ausbruch der Tiere. Halte ich meine Rinder irgendwo im hintersten Schwarzwald, weitab von Straßen und Bahnlinien, dann reicht der übliche einfache Zaun aus. Halte ich meine Rinder hingegen neben einer vielbefahrenen Bundesstraße, muss mein Zaun schon stabiler und aufwendiger (mehrere Litzen) sein, dass er das gebotene Maß an Hütesicherheit bietet. Diese Vorgaben gelten immer, ganz unabhängig davon, ob in der Gegend Wölfe vorkommen oder nicht.
Haftpflichtversicherung wegen Wolf anschreiben
Für die meisten Tierhalter wird sich das Risiko, den Schaden bezahlen zu müssen, schon deshalb nicht in aller Schärfe stellen, weil sie über eine betriebliche Haftpflichtversicherung verfügen. Nach Aussage der BLHV-Versicherungsservice GmbH gibt es von Seiten der Versicherungen keine zusätzlichen Auflagen für Tierhalter in Wolfsgebieten. Unabhängig davon empfiehlt der BLHV allen Tierhaltern, ihre betriebliche Haftpflichtversicherung anzuschreiben, und ausdrücklich um schriftliche Deckungszusage für den Fall zu bitten, sollten ihre Rinder infolge eines Wolfsangriffs ausbrechen und Schäden bei Dritten verursachen. Damit sind sie auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Auch aus anderen gesetzlichen Gründen besteht keine zwingende Pflicht zu Herdenschutzmaßnahmen. So schreibt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) vor, dass ein Tierhalter seine Nutztiere, soweit möglich, gegen die Angriffe von Beutegreifern schützen muss (§3 Abs. 2 Nr. 3 TierSchNutztV). Die Einschränkung in der Verordnung selbst „soweit möglich“, bestätigt auch ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Lüneburg. Ein Schäfer hatte mehrere Herden. Eine Herde hatten Wölfe angegriffen und Schafe gerissen. In dem Gebiet lebte ein Wolfsrudel, das mehrfach Nutztiere angegriffen hatte. Der Amtsveterinär ordnete deshalb einen Herdenschutzzaun für alle Schafherden des Schäfers an. Der Schäfer klagte erfolgreich dagegen. Das Verwaltungsgericht stellte fest, nur dann, wenn eine konkrete Herde von einem konkreten Wolf angegriffen wurde, sei diese konkrete Herde in Zukunft zu schützen. Dass es im Gebiet der Schafhaltung Wölfe gibt und diese Nutztiere angegriffen haben, reiche eben nicht aus, um flächendeckend solche Zäune anzuordnen. Es besteht somit keine allgemeine rechtliche Verpflichtung zum Herdenschutz für Rinder. Dies gilt zwar auch für Ziegen und Schafe. Im Gegensatz zu Ziegen und Schafen werden Wolfsrisse bei Rindern bis auf weiteres auch dann entschädigt, wenn keine Herdenschutzmaßnahmen getroffen wurden. So zumindest die aktuelle Rechtslage.
Warum Herdenschutz bei Rindern wichtig ist
Wichtig sind die Herdenschutzmaßnahmen bei Rindern vor einem anderen Hintergrund: Ziel des BLHV ist es, dass ein Wolf, der wiederholt Rinder angegriffen hat, entnommen, also geschossen werden kann, wenn er wieder Rinder angreift. Der Abschuss dieses Wolfes setzt jedoch voraus, dass die jetzt und künftig angegriffenen Rinder geschützt waren, also eine der vorgeschlagenen Herdenschutzmaßnahmen vom Tierhalter ergriffen wurde. Sonst verbietet das Gesetz den Abschuss des Wolfes. Denn aus Sicht des Naturschutzrechtes ist der Schutz der Weidetiere durch den Tierhalter die weniger einschneidende Maßnahme im Vergleich zu der der Tötung des Wolfes.
Strafrecht im Blick haben
Tierhalter müssen neben der zivilrechtlichen Haftung eine mögliche strafrechtliche Verantwortlichkeit im Blick haben, gegen die keine Haftpflichtversicherung schützt. Brechen Rinder infolge eines Wolfsangriffs aus und geraten auf eine Straße, und es kommt zu einem Verkehrsunfall durch diese Rinder mit Verletzten oder gar Toten, kann dem Tierhalter eine Strafverfolgung wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ drohen.
Dem kann man nur vorbeugen, indem man die Weiden so gestaltet, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs möglichst gering ist. Neben dem Bau stabiler Zäune ist es wichtig, dass die Weide möglichst groß ist. Je größer die Weide, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Rinderherde, wenn sie in Panik gerät, innerhalb der Weide sich ausläuft und nicht ausbricht.
Fazit: Herdenschutzmaßnahmen sind nicht gesetzlich vorgegeben. Unabhängig davon ist es im Interesse eines jeden Tierhalters, seine Tiere gegen Wolfsattacken zu schützen. Und nur beim Überwinden von Herdenschutzmaßnahmen kann ein Wolf geschossen werden.
Michael Nödl
Brechen Tiere aus einer Weide aus und geraten zum Beispiel in den Straßenverkehr, besteht die Gefahr, dass Dritte geschädigt werden. In solchen Fällen wird der Tierhalter zur Verantwortung gezogen und muss Schadenersatz leisten, wenn ihn ein Verschulden an dem Ausbruch der Tiere trifft.
Im Zusammenhang mit dem Wolf im Schwarzwald haben viele Tierhalter die Sorge, bei Wolfsattacken könnten ihre Tiere schnell in Panik geraten und aus der Weide ausbrechen. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass schon in der Vergangenheit, lange bevor es wieder Wölfe in Deutschland gab, Rinder immer wieder aus der Weide ausgebrochen sind. Zum Beispiel, wenn Hunde von Spaziergängern in die Weide gelaufen sind und die Tiere aufgescheucht haben.
Beratung im Einzelfall wichtig
Die nachfolgenden Ausführungen können keine Beratung im Einzelfall ersetzen. Gerade bei der Haftung kommt es sehr auf die konkrete Konstellation im Einzelfall an. Sie sollen jedoch erste Hinweise sein, in welche Richtung sich ein möglicher Haftungsfall entwickeln könnte. Die gesetzliche Tierhalterhaftung nach § 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthält für professionelle Tierhalter im Haupt- und im Nebenerwerb eine Haftungserleichterung. Haben diese Tierhalter die „üblichen Maßnahmen im Rahmen der Hütesicherheit“ getroffen, ihre Tiere brechen dennoch aus und fügen anderen Menschen Schaden zu, haftet der professionelle Tierhalter im Gegensatz zum Hobbytierhalter nicht. Und auch seine Haftpflichtversicherung muss nicht eintreten. Denn diese greift nur, wenn der Tierhalter einen Schaden bezahlen müsste. Welche Maßnahmen der Hütesicherheit muss nun der Tierhalter treffen? Das richtet sich nach der Gefährdung der Umgebung bei einem möglichen Ausbruch der Tiere. Halte ich meine Rinder irgendwo im hintersten Schwarzwald, weitab von Straßen und Bahnlinien, dann reicht der übliche einfache Zaun aus. Halte ich meine Rinder hingegen neben einer vielbefahrenen Bundesstraße, muss mein Zaun schon stabiler und aufwendiger (mehrere Litzen) sein, dass er das gebotene Maß an Hütesicherheit bietet. Diese Vorgaben gelten immer, ganz unabhängig davon, ob in der Gegend Wölfe vorkommen oder nicht.
Haftpflichtversicherung wegen Wolf anschreiben
Für die meisten Tierhalter wird sich das Risiko, den Schaden bezahlen zu müssen, schon deshalb nicht in aller Schärfe stellen, weil sie über eine betriebliche Haftpflichtversicherung verfügen. Nach Aussage der BLHV-Versicherungsservice GmbH gibt es von Seiten der Versicherungen keine zusätzlichen Auflagen für Tierhalter in Wolfsgebieten. Unabhängig davon empfiehlt der BLHV allen Tierhaltern, ihre betriebliche Haftpflichtversicherung anzuschreiben, und ausdrücklich um schriftliche Deckungszusage für den Fall zu bitten, sollten ihre Rinder infolge eines Wolfsangriffs ausbrechen und Schäden bei Dritten verursachen. Damit sind sie auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Auch aus anderen gesetzlichen Gründen besteht keine zwingende Pflicht zu Herdenschutzmaßnahmen. So schreibt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) vor, dass ein Tierhalter seine Nutztiere, soweit möglich, gegen die Angriffe von Beutegreifern schützen muss (§3 Abs. 2 Nr. 3 TierSchNutztV). Die Einschränkung in der Verordnung selbst „soweit möglich“, bestätigt auch ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Lüneburg. Ein Schäfer hatte mehrere Herden. Eine Herde hatten Wölfe angegriffen und Schafe gerissen. In dem Gebiet lebte ein Wolfsrudel, das mehrfach Nutztiere angegriffen hatte. Der Amtsveterinär ordnete deshalb einen Herdenschutzzaun für alle Schafherden des Schäfers an. Der Schäfer klagte erfolgreich dagegen. Das Verwaltungsgericht stellte fest, nur dann, wenn eine konkrete Herde von einem konkreten Wolf angegriffen wurde, sei diese konkrete Herde in Zukunft zu schützen. Dass es im Gebiet der Schafhaltung Wölfe gibt und diese Nutztiere angegriffen haben, reiche eben nicht aus, um flächendeckend solche Zäune anzuordnen. Es besteht somit keine allgemeine rechtliche Verpflichtung zum Herdenschutz für Rinder. Dies gilt zwar auch für Ziegen und Schafe. Im Gegensatz zu Ziegen und Schafen werden Wolfsrisse bei Rindern bis auf weiteres auch dann entschädigt, wenn keine Herdenschutzmaßnahmen getroffen wurden. So zumindest die aktuelle Rechtslage.
Warum Herdenschutz bei Rindern wichtig ist
Wichtig sind die Herdenschutzmaßnahmen bei Rindern vor einem anderen Hintergrund: Ziel des BLHV ist es, dass ein Wolf, der wiederholt Rinder angegriffen hat, entnommen, also geschossen werden kann, wenn er wieder Rinder angreift. Der Abschuss dieses Wolfes setzt jedoch voraus, dass die jetzt und künftig angegriffenen Rinder geschützt waren, also eine der vorgeschlagenen Herdenschutzmaßnahmen vom Tierhalter ergriffen wurde. Sonst verbietet das Gesetz den Abschuss des Wolfes. Denn aus Sicht des Naturschutzrechtes ist der Schutz der Weidetiere durch den Tierhalter die weniger einschneidende Maßnahme im Vergleich zu der der Tötung des Wolfes.
Strafrecht im Blick haben
Tierhalter müssen neben der zivilrechtlichen Haftung eine mögliche strafrechtliche Verantwortlichkeit im Blick haben, gegen die keine Haftpflichtversicherung schützt. Brechen Rinder infolge eines Wolfsangriffs aus und geraten auf eine Straße, und es kommt zu einem Verkehrsunfall durch diese Rinder mit Verletzten oder gar Toten, kann dem Tierhalter eine Strafverfolgung wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ drohen.
Dem kann man nur vorbeugen, indem man die Weiden so gestaltet, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs möglichst gering ist. Neben dem Bau stabiler Zäune ist es wichtig, dass die Weide möglichst groß ist. Je größer die Weide, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Rinderherde, wenn sie in Panik gerät, innerhalb der Weide sich ausläuft und nicht ausbricht.
Fazit: Herdenschutzmaßnahmen sind nicht gesetzlich vorgegeben. Unabhängig davon ist es im Interesse eines jeden Tierhalters, seine Tiere gegen Wolfsattacken zu schützen. Und nur beim Überwinden von Herdenschutzmaßnahmen kann ein Wolf geschossen werden.
Michael Nödl