Gespräch – Die verspäteten Prämienzahlungen für die Bäuerinnen und Bauern in Baden-Württemberg bleiben ein Ärgernis für BLHV-Präsident Bernhard Bolkart. Auch auf anderen Feldern mahnt er bei der Politik im BBZ-Interview mehr Verlässlichkeit an.
Normalerweise werden in Baden-Württemberg die Prämien für FAKT im März ausgezahlt. Stand heute ist das noch nicht passiert. Neben FAKT stehen auch noch die Junglandwirteprämie und Ökoprämie 4 (Extensivierung gesamtes Grünland) aus. Über welche Summen sprechen wir eigentlich, die jetzt noch auf den Betrieben fehlen?
Allein bei FAKT sind es insgesamt in Baden-Württemberg etwa 120 Millionen Euro. Derzeit dürften etwa 40 Prozent ausbezahlt sein, aber dann reden wir immer noch von etwa 70 Millionen Euro, die derzeit auf den Betrieben fehlen. Dazu kommen noch die Öko-Regelungen und die Junglandwirteprämie – das sind ebenfalls keine unerheblichen Summen.
Welche Betriebe sind besonders betroffen?
Es sind extensive Betriebe, aber natürlich auch intensivere Milchbetriebe mit Weideprämienanspruch. Auch bekommen reine Ackerbaubetriebe einen anderen Betrag als Grünlandbetriebe aus dem Schwarzwald. Von daher lässt sich schwer abschätzen, wie viel Geld auf den einzelnen Betrieben fehlt. Aber es sind doch häufig Summen, die im fünfstelligen Bereich liegen. FAKT ist schwerpunktmäßig ein Programm, das Gemeinwohlleistungen honorieren will. Das ist auch ein wunder Punkt. Die Landwirte haben ihre Leistungen erbracht, doch das Land kann nicht liefern.
Könnte deshalb langfristig die Akzeptanz von FAKT oder vergleichbaren Programmen bei den Landwirten grundsätzlich abnehmen?
Definitiv. Wenn man die Leistung geliefert hat und dann auf das Geld warten muss, geht die Akzeptanz verloren. Ich bitte auch zu berücksichtigen, dass wir im ersten Förderzeitraum der neuen GAP sind, mit neuen Auflagen in der Ersten und der Zweiten Säule. Wir haben gewusst, das wird richtig herzhaft. Ich glaube, unsere Landwirtschaftsämter haben eine sehr gute Arbeit geleistet, bei der Antragsannahme und dann natürlich auch bei der weiteren Bearbeitung. Wir haben Gott sei Dank noch im alten Jahr die Gelder der Ersten Säule bekommen. Aber gerade wenn es um Leistungen wie aus FAKT, Landschaftspflege und so weiter geht, erwarten wir eine entsprechende Verlässlichkeit.
Eigentlich sollen diese Leistungen in Zukunft eine größere Rolle spielen …
Ja, wenn ich da nur an den Strategiedialog denke, bei dem es immer wieder um neue Fördertatbestände geht. Und ich muss nicht versuchen, meinen Berufskolleginnen und -kollegen neue Fördertatbestände schmackhaft zu machen, wenn die alten schon nicht funktionieren. Es wird sicher noch kritischer auf solche Fördermaßnahmen geschaut.
Woran liegt es Ihrer Einschätzung nach, dass die Gelder nicht ankommen?
Bei mir kommt derzeit an, dass es schwerpunktmäßig an der Programmierung liegt. Die Komplexität der Fördertatbestände konnte nicht in das Programm integriert werden. Wir haben das selbst im BLHV gemerkt. Hubert God, unser ehemaliger Umweltreferent, hat nur versucht, die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten in einem Programm zusammenzufassen und das Programm allein hat gezeigt, was da insgesamt ansteht. Es gibt zudem viele neue Fördertatbestände, die früher in FAKT waren und heute Öko-Regelungen sind. Das erfordert neue Kontrollen und neue Abläufe in der Verwaltung. In der Summe wird das sehr kompliziert und aufwendig.
Dennoch brauchen die Betriebe doch die Gelder rechtzeitig …
Ja, auf vielen Betrieben sind diese Gelder schon verplant. Zum Beispiel bei der Ersten Säule: Die Gelder kommen zum Jahresende und sind manchmal für Sondertilgungen bei der Bank verplant oder für Abschlagszahlungen oder Rückführungen von Betriebsmittelkrediten. Außerdem sind Pachten und Versicherungen am Ende des Jahres zu bezahlen.
Ähnlich ist es jetzt mit den Geldern der Zweiten Säule. Im Frühjahr müssen Dünger und Pflanzenschutzmittel gekauft werden. Das Dieselfass sollte voll sein, weil wir jetzt wieder draußen auf den Acker müssen.
Es ist selten so, dass man gerade das notwendige Geld noch irgendwo auf dem Girokonto hat. Viele haben eine sehr enge Finanzplanung und man verlässt sich darauf, dass pünktlich bezahlt wird. Und auch unsere Lieferanten und die Banken verlassen sich darauf, dass das, was wir abgesprochen haben, eingehalten wird.
Sie haben auch schon früh eine verlässliche Kommunikation eingefordert. Warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?
Verlässlichkeit muss funktionieren. Planungssicherheit war schon bei unseren Demos im Winter eine ganz große Geschichte. Wir brauchen langfristig Planungssicherheit, aber auch bei kurzfristigen Prozessen.
Dennoch wird die Förderung immer komplizierter und sie kommt kaum noch in der Praxis an. Ist man auch auf europäischer Ebene auf dem falschen Weg?
Wir müssen bei uns im Land wie auch auf europäischer Ebene die Dinge wieder vom Kopf auf die Füße stellen und müssen aufpassen, dass wir nicht zu kleinteilig arbeiten. Wir haben ein Förderprogramm in den Öko-Regelungen; wir haben ein Förderprogramm in FAKT. Zum Beispiel werden vier Kennarten auf dem Grünland über die Öko-Regelung gefördert und sechs Kennarten in FAKT. Das eine läuft über die Erste Säule, das andere über die Zweite Säule. Die EU sollte sich generell um ihre Kernaufgabe kümmern und die großen Rahmen abstecken. Da gehören die Junglandwirteförderung dazu und die Einkommensstützungen. Und lasst doch die Gemeinwohlleistungen in der Zweiten Säule.
Bei den Bauernprotesten waren eine verlässliche, planbare Agrarpolitik und Bürokratieabbau zentrale Forderungen. Geht es also trotz der Proteste in der Politik einfach so weiter?
Auf europäischer Ebene hat sich bei GLÖZ viel bewegt. Wenn man die Diskussion auf Bundesebene sieht und wie unser Bundeskanzler unsere Forderungen sehr lapidar abtut und gar nicht in bestimmte Details einsteigen will, sind wir natürlich unzufrieden.
Auf welche Details wollen Sie hinaus?
Mir fallen zum Beispiel Erleichterungen ein, die gar kein Geld kosten würden, wie die Stoffstrombilanz. Wir haben schon sehr viele Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit der Düngeverordnung. Die Aussagekraft der Stoffstrombilanz ist meiner Meinung nach sehr bescheiden. Der Nährstoffvergleich auf Schlagebene würde in meinen Augen vollkommen ausreichen. Ein Federstrich würde genügen. Das würde uns richtig helfen und den Staat kein Geld kosten.
Die Leitmedien werten die Bauernproteste als sehr erfolgreich. Sind Sie vielleicht zu selbstkritisch oder zu ungeduldig?
Ungeduld ist sicher ein Grund, weshalb ich kritisch bin. Aber ich hätte mir auf der anderen Seite nie vorstellen können, dass man so schnell die vier Prozent Stilllegung zurücknimmt. Die Medien sehen diese großen Erfolge und die sind tatsächlich da. Bei mir auf dem Betrieb sind es aber die Kleinigkeiten, die mich jeden Tag ärgern. So sind wir beim Thema Bürokratieabbau noch nicht weitergekommen. Und wenn man nach Berlin schaut: Diese Unbeweglichkeit ist gigantisch und das frustriert.
Das klingt so, als wären die Bauernproteste noch lange nicht vorbei?
Der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied hat schon angekündigt, dass wir wieder auf die Straße gehen könnten. Wir müssen einen gewissen Druck aufrechterhalten. Darum könnte ich mir vorstellen, dass wir im Winter der Geschichte nochmal Nachdruck verleihen müssen und wieder unsere Allianzen mit dem Mittelstand schließen. Denn unsere Demonstrationen waren auch eine Mittelstandsbewegung.
Mit Bernhard Bolkart sprach Padraig Elsner
Gespräch – Die verspäteten Prämienzahlungen für die Bäuerinnen und Bauern in Baden-Württemberg bleiben ein Ärgernis für BLHV-Präsident Bernhard Bolkart. Auch auf anderen Feldern mahnt er bei der Politik im BBZ-Interview mehr Verlässlichkeit an.
Normalerweise werden in Baden-Württemberg die Prämien für FAKT im März ausgezahlt. Stand heute ist das noch nicht passiert. Neben FAKT stehen auch noch die Junglandwirteprämie und Ökoprämie 4 (Extensivierung gesamtes Grünland) aus. Über welche Summen sprechen wir eigentlich, die jetzt noch auf den Betrieben fehlen?
Allein bei FAKT sind es insgesamt in Baden-Württemberg etwa 120 Millionen Euro. Derzeit dürften etwa 40 Prozent ausbezahlt sein, aber dann reden wir immer noch von etwa 70 Millionen Euro, die derzeit auf den Betrieben fehlen. Dazu kommen noch die Öko-Regelungen und die Junglandwirteprämie – das sind ebenfalls keine unerheblichen Summen.
Welche Betriebe sind besonders betroffen?
Es sind extensive Betriebe, aber natürlich auch intensivere Milchbetriebe mit Weideprämienanspruch. Auch bekommen reine Ackerbaubetriebe einen anderen Betrag als Grünlandbetriebe aus dem Schwarzwald. Von daher lässt sich schwer abschätzen, wie viel Geld auf den einzelnen Betrieben fehlt. Aber es sind doch häufig Summen, die im fünfstelligen Bereich liegen. FAKT ist schwerpunktmäßig ein Programm, das Gemeinwohlleistungen honorieren will. Das ist auch ein wunder Punkt. Die Landwirte haben ihre Leistungen erbracht, doch das Land kann nicht liefern.
Könnte deshalb langfristig die Akzeptanz von FAKT oder vergleichbaren Programmen bei den Landwirten grundsätzlich abnehmen?
Definitiv. Wenn man die Leistung geliefert hat und dann auf das Geld warten muss, geht die Akzeptanz verloren. Ich bitte auch zu berücksichtigen, dass wir im ersten Förderzeitraum der neuen GAP sind, mit neuen Auflagen in der Ersten und der Zweiten Säule. Wir haben gewusst, das wird richtig herzhaft. Ich glaube, unsere Landwirtschaftsämter haben eine sehr gute Arbeit geleistet, bei der Antragsannahme und dann natürlich auch bei der weiteren Bearbeitung. Wir haben Gott sei Dank noch im alten Jahr die Gelder der Ersten Säule bekommen. Aber gerade wenn es um Leistungen wie aus FAKT, Landschaftspflege und so weiter geht, erwarten wir eine entsprechende Verlässlichkeit.
Eigentlich sollen diese Leistungen in Zukunft eine größere Rolle spielen …
Ja, wenn ich da nur an den Strategiedialog denke, bei dem es immer wieder um neue Fördertatbestände geht. Und ich muss nicht versuchen, meinen Berufskolleginnen und -kollegen neue Fördertatbestände schmackhaft zu machen, wenn die alten schon nicht funktionieren. Es wird sicher noch kritischer auf solche Fördermaßnahmen geschaut.
Woran liegt es Ihrer Einschätzung nach, dass die Gelder nicht ankommen?
Bei mir kommt derzeit an, dass es schwerpunktmäßig an der Programmierung liegt. Die Komplexität der Fördertatbestände konnte nicht in das Programm integriert werden. Wir haben das selbst im BLHV gemerkt. Hubert God, unser ehemaliger Umweltreferent, hat nur versucht, die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten in einem Programm zusammenzufassen und das Programm allein hat gezeigt, was da insgesamt ansteht. Es gibt zudem viele neue Fördertatbestände, die früher in FAKT waren und heute Öko-Regelungen sind. Das erfordert neue Kontrollen und neue Abläufe in der Verwaltung. In der Summe wird das sehr kompliziert und aufwendig.
Dennoch brauchen die Betriebe doch die Gelder rechtzeitig …
Ja, auf vielen Betrieben sind diese Gelder schon verplant. Zum Beispiel bei der Ersten Säule: Die Gelder kommen zum Jahresende und sind manchmal für Sondertilgungen bei der Bank verplant oder für Abschlagszahlungen oder Rückführungen von Betriebsmittelkrediten. Außerdem sind Pachten und Versicherungen am Ende des Jahres zu bezahlen.
Ähnlich ist es jetzt mit den Geldern der Zweiten Säule. Im Frühjahr müssen Dünger und Pflanzenschutzmittel gekauft werden. Das Dieselfass sollte voll sein, weil wir jetzt wieder draußen auf den Acker müssen.
Es ist selten so, dass man gerade das notwendige Geld noch irgendwo auf dem Girokonto hat. Viele haben eine sehr enge Finanzplanung und man verlässt sich darauf, dass pünktlich bezahlt wird. Und auch unsere Lieferanten und die Banken verlassen sich darauf, dass das, was wir abgesprochen haben, eingehalten wird.
Sie haben auch schon früh eine verlässliche Kommunikation eingefordert. Warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?
Verlässlichkeit muss funktionieren. Planungssicherheit war schon bei unseren Demos im Winter eine ganz große Geschichte. Wir brauchen langfristig Planungssicherheit, aber auch bei kurzfristigen Prozessen.
Dennoch wird die Förderung immer komplizierter und sie kommt kaum noch in der Praxis an. Ist man auch auf europäischer Ebene auf dem falschen Weg?
Wir müssen bei uns im Land wie auch auf europäischer Ebene die Dinge wieder vom Kopf auf die Füße stellen und müssen aufpassen, dass wir nicht zu kleinteilig arbeiten. Wir haben ein Förderprogramm in den Öko-Regelungen; wir haben ein Förderprogramm in FAKT. Zum Beispiel werden vier Kennarten auf dem Grünland über die Öko-Regelung gefördert und sechs Kennarten in FAKT. Das eine läuft über die Erste Säule, das andere über die Zweite Säule. Die EU sollte sich generell um ihre Kernaufgabe kümmern und die großen Rahmen abstecken. Da gehören die Junglandwirteförderung dazu und die Einkommensstützungen. Und lasst doch die Gemeinwohlleistungen in der Zweiten Säule.
Bei den Bauernprotesten waren eine verlässliche, planbare Agrarpolitik und Bürokratieabbau zentrale Forderungen. Geht es also trotz der Proteste in der Politik einfach so weiter?
Auf europäischer Ebene hat sich bei GLÖZ viel bewegt. Wenn man die Diskussion auf Bundesebene sieht und wie unser Bundeskanzler unsere Forderungen sehr lapidar abtut und gar nicht in bestimmte Details einsteigen will, sind wir natürlich unzufrieden.
Auf welche Details wollen Sie hinaus?
Mir fallen zum Beispiel Erleichterungen ein, die gar kein Geld kosten würden, wie die Stoffstrombilanz. Wir haben schon sehr viele Aufzeichnungspflichten im Zusammenhang mit der Düngeverordnung. Die Aussagekraft der Stoffstrombilanz ist meiner Meinung nach sehr bescheiden. Der Nährstoffvergleich auf Schlagebene würde in meinen Augen vollkommen ausreichen. Ein Federstrich würde genügen. Das würde uns richtig helfen und den Staat kein Geld kosten.
Die Leitmedien werten die Bauernproteste als sehr erfolgreich. Sind Sie vielleicht zu selbstkritisch oder zu ungeduldig?
Ungeduld ist sicher ein Grund, weshalb ich kritisch bin. Aber ich hätte mir auf der anderen Seite nie vorstellen können, dass man so schnell die vier Prozent Stilllegung zurücknimmt. Die Medien sehen diese großen Erfolge und die sind tatsächlich da. Bei mir auf dem Betrieb sind es aber die Kleinigkeiten, die mich jeden Tag ärgern. So sind wir beim Thema Bürokratieabbau noch nicht weitergekommen. Und wenn man nach Berlin schaut: Diese Unbeweglichkeit ist gigantisch und das frustriert.
Das klingt so, als wären die Bauernproteste noch lange nicht vorbei?
Der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied hat schon angekündigt, dass wir wieder auf die Straße gehen könnten. Wir müssen einen gewissen Druck aufrechterhalten. Darum könnte ich mir vorstellen, dass wir im Winter der Geschichte nochmal Nachdruck verleihen müssen und wieder unsere Allianzen mit dem Mittelstand schließen. Denn unsere Demonstrationen waren auch eine Mittelstandsbewegung.
Mit Bernhard Bolkart sprach Padraig Elsner