Verbandsarbeit

Kommentar: Sachlichkeit braucht Zeit

Seit Monaten fährt der landwirtschaftliche Berufsstand auf einer Achterbahn der Gefühle. Dabei geht es durch tiefe Täler der Frustration und hinauf zu Euphorie, wenn man zum Beispiel mit dem Volksantrag erfolgreich Unterstützung für eine neue Denkart des Umwelt- und Artenschutzes in Baden-Württemberg erfährt.

In diese unbestimmte Stimmungslage stieß Mitte Oktober das Eckpunktepapier der Landesregierung. Es wurde  als eine sachliche Diskussionsgrundlage für eine Schlichtung zwischen proBiene, Landesregierung und Landwirtschaft entwickelt. Als solche haben es der BLHV und die anderen landwirtschaftlichen Interessenverbände auch aufgenommen. So weit, so gut. Denn das Papier braucht jetzt eine sachliche Diskussion, um tatsächlich mehr zu werden als nur ein Eckpunktepapier. Aber zu erwarten, dass die notwendige Sachlichkeit per Knopfdruck hergestellt werden könnte, ist illusorisch. Insbesondere, wenn man auf die Emotionen der Beteiligten zu wenig Rücksicht nimmt. Und das gilt für alle, die jetzt an den runden Tischen und in den Arbeitskreisen zu dieser Thematik sitzen.

Die saßen nämlich in den vergangenen Monaten alle in der gleichen Achterbahn. Wer nun Sachlichkeit will, aber mit Emotionen konfrontiert wird, dem bleibt nichts anderes übrig, als die Gefühle seines Gegenübers ernst zu nehmen. So ist die Angst, dass man über den Tisch gezogen wird, nicht unbegründet. Ebenso die Wut darüber, dass man in den vergangenen Jahren zu wenig erreicht hat. Ein einfaches „Jetzt beruhigen wir uns alle mal“ wird nicht genügen, um in die Sachlichkeit zu kommen, die für echte Lösungen so wichtig ist. Dafür brauchen wir Geduld und Zeit. Vielleicht ist auch gerade deshalb der Zeitplan für das Eckpunktepapier zu knapp bemessen. Aber vielleicht ist das auch nur ein Gefühl.

Padraig Elsner

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