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Kommentar: Gewinnwarnung

Der Erfolg von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wird sich an einem einfachen Kriterium messen lassen: am Tempo des „Höfesterbens“.

Die Aussichten für die Landwirtschaft sehen allerdings nicht rosig aus. Wären Höfe börsennotiert, müssten sie eine Gewinnwarnung absetzen. Ab 2023 kürzt die Agrarpolitik die Direktzahlungen in Deutschland um circa 100 Euro je Hektar. Dafür steigert sie die Auflagen. Fruchtwechselpflicht, Winterbodenbedeckung und die Bereitstellung von vier Prozent der Ackerfläche für Brachen kosten schnell nochmals 100 Euro je Hektar. Preissteigerungen für Diesel, Strom, Gas und Dünger werden in den Büchern schnell zusätzlich mit demselben Betrag durchschlagen. Realisiert die neue Bundesregierung neben dem deutschen Glyphosatverbot dann noch eine Streichung der Agrardieselvergütung, geht diese Schlechterstellung im europäischen und globalen Wettbewerb vielen Betrieben in Deutschland an die Existenz – selbst in normalen Jahren ohne Dürre und Überschwemmungen. Beim Thema Ernährungssicherung scheint der EU-Agrarpolitik das früher noch vorhandene Schmerzempfinden abhanden gekommen zu sein. Im vergangenen Sommer hat die EU in einer Phase steigender Preise, als noch nicht klar war, dass in manchen Teilen der Welt bald Rekordernten eingefahren werden, einfach mal schnell die Brachepflicht von drei auf vier Prozent hochgezogen. Auskömmliche Preise vom Weltmarkt oder vom Lebensmitteleinzelhandel könnten es wieder richten. Sie sind aber alles andere als garantiert. Gelingt es dem Landwirtschaftsminister nicht, an den EU-Außengrenzen einen Schutz gegenüber niedrigen Importstandards hinzubekommen, sehen wir frostige Zeiten auf die heimische Landwirtschaft zukommen.

Betriebe sind gut beraten, wachsam zu bleiben und sich nach ergänzenden Einnahmen umzusehen. Viel Zeit bleibt der Politik nicht, um Einkommensperspektiven für gesellschaftliche Ziele aufzuzeigen. Die Produktion von Klima-, Wasser- und Naturschutz muss rentabler werden. Der Staat gibt Unsummen für Elektroautos aus. Dann kann er das doch auch für Elektroschlepper, für Tierwohl in den Ställen und für Artenvielfalt, Kohlenstoffspeicherung oder die Grundwasserneubildung auf Landwirtschaftsflächen tun. Dem aufrechten Bundeslandwirtschaftsminister wünschen viele aufrichtige Bäuerinnen und Bauern, dass er das wuppt.

Hubert God

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