Natur & Umwelt

Kommentar: Der Wolf aus der Wohnzimmerperspektive

Laut einer Forsa-Umfrage, die der NABU in Auftrag gegeben hat, finden es 80 Prozent der Bundesbürger „erfreulich“, dass der Wolf wieder in Deutschland sesshaft wird. Für sie gehört der Wolf zur Landschaft genauso wie Fuchs, Reh und Co.

Dass diese Umfrage  repräsentativ sein soll, stelle ich gar nicht in Frage, ich halte sie sogar für nachvollziehbar.  Aus der Wohnzimmerperspektive des Durchschnittsbürgers ist der deutsche Wolf sicher reizvoll und interessant. Und solange er nicht an der Haustür kratzt oder das geliebte Meerschweinchen im Vorgarten erlegt, kann man sich auch an ihm erfreuen. Da es höchst unwahrscheinlich ist, dass so etwas in Deutschland je passieren würde, braucht der Bundesbürger auch keine Angst vor dem Wolf zu haben.  Diejenigen, die sich den Wolf wünschen, müssen nicht die Konsequenzen tragen − ja, sie müssen nicht mal den Zaun auf die Weide tragen, der das Vieh vor Wölfen schützen soll.  Darum würde die Umfrage auch anders ausfallen, wenn man sie mit Landwirten durchführen würde.  Sie tragen die Konsequenzen, aber wurden sie gefragt, ob sie den Wolf wollen? Oder wiegt das gesellschaftliche Wohlwollen für den Wolf schwerer als das Wohl der Landwirte und das ihrer Tiere? Dieser Frage wird ausgewichen, indem ein Idealbild gezeichnet wird, das die Weidetierhaltung und den Wolf in friedlicher Co-Existenz zeigt. Bad Wildbad hat uns aber gezeigt, dass wir im Schwarzwald von diesem  Ideal zu weit entfernt sind. Das Ideal wird schon hinfällig, wenn man bedenkt, dass unsere Weidetierhaltung von Nebenerwerbslandwirten dominiert wird. Selbst noch so gut geförderte Schutzmaßnahmen müssen in der Fläche umgesetzt werden. Das bedeutet noch mehr Arbeit ohne Aussicht auf ein besseres Einkommen. Da der Arbeitsmarkt geradezu nach neuen Fachkräften lechzt, kann man es niemandem verübeln, wenn er sich seine Arbeit anständig vergüten lässt und dafür die Weidehaltung aufgibt. Wer also den Wolf will, muss ihn auch selbst von den Weidetieren fernhalten können und soll mit dieser Aufgabe nicht die Landwirte beauftragen, ohne ihnen dafür einen gerechten Lohn zu zahlen.

Padraig Elsner, BLHV