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Kommentar: Der schönste Beruf auf Erden – der strengste Beruf auf Erden

Für viele Landwirtinnen und Landwirte ist die Arbeit nicht nur Beruf, sondern gleichzeitig auch Berufung. Es ist eine sinnstiftende Lebensart, gekennzeichnet durch Selbstbestimmtheit, gute Vereinbarkeit mit den Tätigkeiten in der Familie und dem Arbeiten in der Natur. Diese Kombination trägt dazu bei, dass bei vielen Landwirten insgesamt eine hohe Zufriedenheit bezogen auf ihre Tätigkeit herrscht – wenn man mal von gewissen Frustthemen absieht, die es natürlich auch gibt. Die langen Arbeitstage würde man auch gar nicht schaffen, wenn der Beruf nicht auch noch Leidenschaft, Hobby und Leben wäre. Die enge Verbundenheit zum eigenen Betrieb hat sehr viel Positives. Sie kann aber auch dazu führen, dass die eigenen Grenzen zu oft überschritten werden. So oft, dass sie einem selbst nicht mehr bewusst sind und man nur noch sieht, was getan werden muss. Es kann so weit gehen, dass schleichend die Freude an der Arbeit gänzlich verloren geht und die schönen Momente im Alltag übersehen werden. Bis die Stimmung kippt und nicht nur man selbst, sondern auch die Familie, die Arbeit und  die Tiere darunter leiden. Psychische Probleme sind nach wie vor in vielen Familien ein Tabuthema. Doch es ist ein ernst zu nehmendes Problem: Jeder fünfte Landwirt scheidet laut Zahlen der Sozialversicherung SVLFG  wegen psychischer Erkrankungen vorzeitig aus dem Beruf aus. Der Landwirt Stefan Leichenauer aus Tengen-Uttenhofen geht das Thema anders an: Er spricht offen mit Familie und Freunden und auch im BLHV-Sommerpodcast über seinen Burnout, den er vor Jahren hatte. Denn er möchte auf dieses wichtige Thema durch seine persönliche Geschichte aufmerksam machen. Diese Offenheit braucht es, denn von Erfahrungen kann man lernen und die eigenen Grenzen wieder besser erkennen. Was sind die Anzeichen für einen Burnout? Wann ist zu viel denn jetzt wirklich zu viel? Überarbeitung kennen alle Landwirtinnen und Landwirte, vieles, was in jedem anderen Beruf „zu viel“ wäre, wird gemacht, weil es eben sein muss. Weil das Heu heute noch rein muss, weil der Drescher eben nur jetzt Zeit hat, weil die Kühe eben noch gemolken werden müssen, es geht nicht anders. Hier ist es die Kunst zu erkennen, wann es an der Zeit ist, einen Schritt zurück zu machen und Hilfe zu suchen, auch wenn es in dem Moment unmöglich erscheint.

Jennifer Schuler