Anfang Juni wurde in Bad Rippoldsau-Schapbach ein Ziegenbock von einem Wolf gerissen. Obwohl naheliegend ist, dass das Raubtier dieses Mal tatsächlich den Herdenschutzzaun überwunden haben könnte, hat das Stuttgarter Umweltministerium anders entschieden.
Am 11. Juni hat Meinrad Schweikert vom Schembachhof in Bad Rippoldsau-Schapbach seinen knapp vier Monate alten Ziegenbock tot auf der Weide gefunden. Der Wolf als Täter ist mittlerweile nachgewiesen. Schweikert, der seine Walliser Schwarzhalsziegen mit einem wolfsabweisenden Zaun schützt, kommt zu dem Schluss: „Wir müssen davon ausgehen, dass er drüber gegangen ist.“ Das Umweltministerium sieht das jedoch anders.
Komplizierter Einzelfall
Wenn ein Wolf zweimal innerhalb von sechs Monaten den sogenannten Grundschutz überwindet, wird er entnommen. So das Versprechen des Umweltministeriums, das gerade auf die Probe gestellt wird. Denn der Fall Schweikert hätte das Potenzial, zum ersten Strich auf der Liste von GW852m zu werden.
Zusammen mit dem Wildtierbeauftragten Peter Daiker vom Landratsamt Freudenstadt hat Meinrad Schweikert den Zaun nach dem Riss dreieinhalb Stunden penibel untersucht. Diesen hatte der Landwirt erst im Frühjahr 2022 noch einmal von einer Zaunbaufirma verbessern lassen. Mit stabilen Pfosten, einer leistungsstarken Stromanlage und teilweise sogar mit sechs statt den empfohlenen fünf Litzen, steht der 1,2 Meter hohe Zaun eigentlich gut da.
„Mir war am Ende der Dokumentation keine Schwachstelle aufgefallen, die meiner Einschätzung nach einem Tier dieser Größe die Möglichkeit gegeben hätte, unbemerkt einzudringen und wieder herauszukommen“, erklärt Daiker gegenüber der BBZ. Die endgültige Beurteilung liegt aber nicht bei ihm, sondern beim Umweltministerium (UM), das sich mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) abstimmt. Als Wildtierbeauftragter nimmt Daiker lediglich den Tatort auf, sichert Spuren, macht Bilder und schreibt Protokoll.
In diesem Protokoll ist auch eine Stelle dokumentiert, die nun zum Knackpunkt wird. Dort endet der Zaun an einer Mauer; dazwischen ein 30 bis 40 cm großer Spalt. Zwar ist dieser groß genug, dass ein Wolf hindurchpasst, ohne einen Stromschlag zu bekommen, aber ob der Wolf dort auch durch ist, scheint mehr als fragwürdig. Daiker hat weder Trittspuren im Bewuchs gefunden noch Haare, die darauf hindeuten, dass der Wolf den engen Durchgang passiert hat. Meinrad Schweikert erwähnt zudem einen losen Pfahl, der in dem Spalt angelehnt war und hätte umfallen müssen.
Nur Spekulation?
Für den Wildtierbeauftragten ist unklar, wie das Tier auf die Weide gekommen ist. Den Zaun zu überspringen, wäre zwar untypisch für einen Wolf, aber im Bereich des Möglichen. Zumindest könne man davon ausgehen, dass er es wieder tun werde, wenn er wirklich gelernt habe, einen Herdenschutzzaun zu überspringen. Für das Umweltministerium bleiben das Spekulationen. Wie die Behörde auf BBZ-Anfrage mitteilt, sei ausschlaggebend, dass der vorgegebene Herdenschutz durch die Schwachstelle nicht erfüllt war. Man könne daher nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass der Herdenschutz überwunden wurde.
Meinrad Schweikert kann diese Entscheidung nicht verstehen und denkt über rechtliche Schritte nach. Zudem hofft er, mit seinem Fall etwas in der Politik bewegen zu können. Für den BLHV stellt sich die Frage: Muss nicht die Behörde, die über die Förderung entscheidet, also die Untere Naturschutzbehörde, den Zaun abnehmen? Letztlich fördert sie eine wolfabweisenden Zaun und kontrolliert nicht, ob dieser auch gebaut wurde wie im Bescheid geschrieben.
Kasten: War es GW852m?
Die genetischen Untersuchungen im Fall Schweikert ergaben: Es war ein Wolf mit dem Haplotyp HW02. Obwohl das Tier nicht individuell bestimmt werden konnte, liegt nahe, dass es sich dabei um den Rüden GW852m handelt, der als einziger sesshafter Wolf in Baden-Württemberg diesen Haplotyp trägt.
Maria Wehrle
Anfang Juni wurde in Bad Rippoldsau-Schapbach ein Ziegenbock von einem Wolf gerissen. Obwohl naheliegend ist, dass das Raubtier dieses Mal tatsächlich den Herdenschutzzaun überwunden haben könnte, hat das Stuttgarter Umweltministerium anders entschieden.
Am 11. Juni hat Meinrad Schweikert vom Schembachhof in Bad Rippoldsau-Schapbach seinen knapp vier Monate alten Ziegenbock tot auf der Weide gefunden. Der Wolf als Täter ist mittlerweile nachgewiesen. Schweikert, der seine Walliser Schwarzhalsziegen mit einem wolfsabweisenden Zaun schützt, kommt zu dem Schluss: „Wir müssen davon ausgehen, dass er drüber gegangen ist.“ Das Umweltministerium sieht das jedoch anders.
Komplizierter Einzelfall
Wenn ein Wolf zweimal innerhalb von sechs Monaten den sogenannten Grundschutz überwindet, wird er entnommen. So das Versprechen des Umweltministeriums, das gerade auf die Probe gestellt wird. Denn der Fall Schweikert hätte das Potenzial, zum ersten Strich auf der Liste von GW852m zu werden.
Zusammen mit dem Wildtierbeauftragten Peter Daiker vom Landratsamt Freudenstadt hat Meinrad Schweikert den Zaun nach dem Riss dreieinhalb Stunden penibel untersucht. Diesen hatte der Landwirt erst im Frühjahr 2022 noch einmal von einer Zaunbaufirma verbessern lassen. Mit stabilen Pfosten, einer leistungsstarken Stromanlage und teilweise sogar mit sechs statt den empfohlenen fünf Litzen, steht der 1,2 Meter hohe Zaun eigentlich gut da.
„Mir war am Ende der Dokumentation keine Schwachstelle aufgefallen, die meiner Einschätzung nach einem Tier dieser Größe die Möglichkeit gegeben hätte, unbemerkt einzudringen und wieder herauszukommen“, erklärt Daiker gegenüber der BBZ. Die endgültige Beurteilung liegt aber nicht bei ihm, sondern beim Umweltministerium (UM), das sich mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) abstimmt. Als Wildtierbeauftragter nimmt Daiker lediglich den Tatort auf, sichert Spuren, macht Bilder und schreibt Protokoll.
In diesem Protokoll ist auch eine Stelle dokumentiert, die nun zum Knackpunkt wird. Dort endet der Zaun an einer Mauer; dazwischen ein 30 bis 40 cm großer Spalt. Zwar ist dieser groß genug, dass ein Wolf hindurchpasst, ohne einen Stromschlag zu bekommen, aber ob der Wolf dort auch durch ist, scheint mehr als fragwürdig. Daiker hat weder Trittspuren im Bewuchs gefunden noch Haare, die darauf hindeuten, dass der Wolf den engen Durchgang passiert hat. Meinrad Schweikert erwähnt zudem einen losen Pfahl, der in dem Spalt angelehnt war und hätte umfallen müssen.
Nur Spekulation?
Für den Wildtierbeauftragten ist unklar, wie das Tier auf die Weide gekommen ist. Den Zaun zu überspringen, wäre zwar untypisch für einen Wolf, aber im Bereich des Möglichen. Zumindest könne man davon ausgehen, dass er es wieder tun werde, wenn er wirklich gelernt habe, einen Herdenschutzzaun zu überspringen. Für das Umweltministerium bleiben das Spekulationen. Wie die Behörde auf BBZ-Anfrage mitteilt, sei ausschlaggebend, dass der vorgegebene Herdenschutz durch die Schwachstelle nicht erfüllt war. Man könne daher nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass der Herdenschutz überwunden wurde.
Meinrad Schweikert kann diese Entscheidung nicht verstehen und denkt über rechtliche Schritte nach. Zudem hofft er, mit seinem Fall etwas in der Politik bewegen zu können. Für den BLHV stellt sich die Frage: Muss nicht die Behörde, die über die Förderung entscheidet, also die Untere Naturschutzbehörde, den Zaun abnehmen? Letztlich fördert sie eine wolfabweisenden Zaun und kontrolliert nicht, ob dieser auch gebaut wurde wie im Bescheid geschrieben.
Kasten: War es GW852m?
Die genetischen Untersuchungen im Fall Schweikert ergaben: Es war ein Wolf mit dem Haplotyp HW02. Obwohl das Tier nicht individuell bestimmt werden konnte, liegt nahe, dass es sich dabei um den Rüden GW852m handelt, der als einziger sesshafter Wolf in Baden-Württemberg diesen Haplotyp trägt.
Maria Wehrle