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Grüne Woche im Zeichen der Proteste

Der noch ungelöste Agrardieselstreit macht die Grüne Woche 2024 in Berlin zu einer besonderen für den Deutschen Bauernverband  (DBV) und die Landesverbände. DBV-Präsident Joachim Rukwied beharrt darauf, dass  erst das Thema Agrardiesel „abgeräumt“ werden muss, bevor man anderes angeht.

„Es brodelt gewaltig in der Landwirtschaft!“: So eröffnete DBV-Präsident Joachim Rukwied die traditionelle Fragestunde des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) anlässlich der Grünen Woche am Donnerstag voriger Woche in Berlin. Und er meinte damit natürlich die Stimmung gegenüber der Bundesregierung seit den jüngsten Sparbeschlüssen zu Lasten der Landwirtschaft.  Er bezog sich dabei aber auch  auf die schlechte Stimmung innerhalb der Landwirtschaft, wie sie das jüngste Konjunkturbarometer Agrar belege und wie sie seit längerer Zeit unvermindert bestehe. So werde wegen der langen Amortisationszeit nicht mehr in Ställe investiert. Rukwied sieht wesentliche Ursachen in der Politik. „Es fehlt an Verlässlichkeit“, bekundet der DBV-Präsident.

Beim Thema Agrardiesel gab sich Rukwied unnachgiebig, auch im Hinblick auf diverse alternative Enlastungsvorschläge aus der Regierungskoalition für die Landwirtschaft. „Alles zu seiner Zeit – jetzt muss erst das Thema Agrardiesel vom Tisch“, erklärte Rukwied beim VDAJ und später wiederholt bei anderen Gelegenheiten in Berlin, wie dem Neujahrsempfang des DBV am Freitag voriger Woche. Dort sagte er: „Wir wollen das alles angehen, wenn das Thema Agrardiesel abgeräumt ist“, und erhielt viel Beifall von den Gästen im Saal, darunter zahlreiche Bundes- und Landespolitiker und  Delegationen der Landesbauernverbände.

Nadelstiche und DialogRukwied kündigte in Berlin gegenüber der Presse an, mit den Bauerndemonstrationen fortzufahren, allerdings nunmehr mit „nadelstichartigen Aktionen, die wehtun“.  Der DBV-Präsident  betonte dabei, dass man bei den friedlichen Protestformen bleiben will. Es soll weder eskaliert noch radikalisiert werden. Eindeutig definierte   Rukwied in diesem Zusammenhang  auch erneut die grundsätzliche politische Haltung des DBV: „Wichtig ist, dass wir felsenfest stehen zu unserer Demokratie, zu unserer Verfassung. Es ist unsere Aufgabe, Versuche zu verhindern, sie zu kapern.“

Vertrauliche Gespräche angekündigtGleichzeitig mit den genannten „Nadelstichen“ soll der Dialog mit verantwortlichen Akteuren in der Politik fortgeführt werden.  „Wir haben Lösungsvorschläge“, betonte der Bauernpräsident am Stand des DBV gegenüber der Presse. Dazu soll es zeitnah mit Vertretern der Koalitionsfraktionen vertrauliche Gespräche geben. 

 Gast und Redner beim Neujahrsempfang des DBV war auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er bekam zwischendurch sogar Beifall, wenn auch deutlich verhaltener als DBV-Präsident Joachim Rukwied oder Susanne Schulze Bockeloh, DBV-Vizepräsidentin und Vorsitzende des Unternehmerinnen-Ausschusses, sowie zwei  junge bäuerliche Unternehmerinnen. Das Frauen-Trio bestritt beim Neujahrsempfang des DBV auf der Bühne  eine moderierte Gesprächsrunde mit Cem Özdemir. Dabei kam manches kritische Thema für den Berufsstand höflich, aber bestimmt zur Sprache.

Der Bundeslandwirtschaftsminister betonte, auf der Seite der Bauern zu stehen.  Er lobte die demokratische Protestkultur der Landwirte und bekannte, dass das aktuelle Problem mit den Bäuerinnen und Bauern „durch die Politik verursacht wurde“. Dafür erhielt er Beifall im Saal. Beim Thema Fahrzeugsteuer und Agrardiesel begab er sich persönlich in die Opferrolle: „Du warst es gar nicht und kriegst trotzdem die Prügel.“ Er bekannte sogar, dass er ein Glaubwürdigkeitsproblem habe, weil er bei so etwas nicht eingebunden gewesen sei.

Selbstkritisch sprach Özdemir von „Holterdipolter-Beschlüssen“, und benannte als Problem, dass die Bauern zuvor nicht einbezogen wurden. Dennoch bezeichnete er das  nachträgliche zügige Entgegenkommen der Bundesregierung, der er angehört, wie folgt: „Der Kompromissvorschlag ist ja nicht nichts.“

Gleichzeitig betrieb Özdemir Werbung für alternative Maßnahmen zum Wohle der Bäuerinnen und Bauern. Ein besonderes Anliegen ist ihm, das Thema Tierwohlabgabe – eine „alte“ Empfehlung der mittlerweile eingestellten Borchert-Kommission – wieder aufs Tablett zu bringen. Özemir sprach dabei vom „Tierwohlcent“. „Ich kenne keinen besseren Zeitpunkt dafür als den jetzigen“, betonte er in die Runde hinein.  

„Die Landwirtschaft braucht Planungssicherheit und Investitionssicherheit, weil sie in Generationen denkt. Lassen Sie uns die Dinge gemeinsam voranbringen“, betonte Özdemir schließlich. Er bekam abschließend Beifall, wenn auch nicht tosend. Von DBV-Präsident Joachim Rukwied gab es anerkennende Worte, dass sich Özdemir für die Bauern eingesetzt habe.enz

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