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Gesellschaftsvertrag ist breit getragen und mit Geld unterlegt

Strategiedialog: In Baden-Württemberg wurde am Montag, 7. Oktober 2024, ein Gesellschaftsvertrag für die Zukunft der Landwirtschaft und der biologischen Vielfalt unterzeichnet. Die Landesregierung stellt in diesem Zusammenhang 143 Millionen Euro zur Verfügung, was der BLHV begrüßt.

Unterzeichnet haben in Stuttgart die Landesregierung und rund 50 Akteure aus Landwirtschaft, Naturschutz, Handel, Verarbeitung, Erzeugung, Gesellschaft, Wissenschaft, Kirchen und Politik.

Die auch als Gesellschaftsvertrag bezeichnete „Gemeinsame Vereinbarung“ enthält Handlungsempfehlungen und konkrete Selbstverpflichtungen in fünf Bereichen. Sie wurden von fünf Arbeitsgruppen entwickelt. Neben der Förderung regionaler Erzeugung und der Schaffung passender politischer Rahmenbedingungen für den Wandel in der Landwirtschaft geht es etwa um die Stärkung von Landwirtschaft und Artenvielfalt in Bildung und Beratung, außerdem um eine verbesserte Verbraucherinformation sowie die Stärkung der Außerhausverpflegung als Hebel für Biodiversität und Regionalität.

BLHV-Präsident Bernhard Bolkart (links) bei der Unterzeichnung des Vertrages

Geld eingefordert

Der BLHV hat den „Strategiedialog Landwirtschaft“ seit dem Start Jahr 2022 mitgestaltet und auch noch zuletzt eingefordert, dass für deren Umsetzung auch die dafür notwendigen Finanzmittel bereitgestellt werden. Dass nun die Landesregierung zusätzliche 143 Millionen Euro zur Verfügung stellt, ist laut BLHV-Präsident Bernhard Bolkart entscheidend für den langfristigen Erfolg des Projekts.

Laut dem Staatsministerium sind für die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen im Doppelhaushalt 2025/26 sowie den Folgejahren zusätzlich knapp 120 Mio. Euro vorgesehen. Dazu komme die Sicherung von Landesmitteln nach dem Wegfall der Bundesförderung. Unterm Strich stünden damit 143 Mio. Euro zur Verfügung. Die Fortschritte bei der Umsetzung der vereinbarten Roadmap sollen  jährlich überprüft werden.

Innerhalb der Arbeitsgruppen habe man sich zudem immer wieder für den Erhalt landwirtschaftlicher Betriebe eingesetzt, betont Bolkart weiterhin. „Jeder landwirtschaftliche Betrieb ist bereit, seinen Anteil zu leisten – sei es für den Artenschutz oder für die nachhaltige Produktion. Aber dafür müssen unsere Landwirte fair entlohnt werden.“

Für Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigt der Gesellschaftsvertrag, dass gemeinsam Verantwortung für die Zukunft der Landwirtschaft  übernommen werden soll. In einem breit getragenen Konsens seien alle relevanten Akteure eingebunden und Naturschutz mit der Landwirtschaft zusammengebracht worden, fasste Kretschmann aus seiner Sicht den Prozess zusammen.

Für Landwirtschaftsminister Peter Hauk ist insbesondere die transparente Kennzeichnung regionaler Produkte ein Anliegen. Verbraucher müssten auf den ersten Blick erkennen können, ob ein Lebensmittel regional erzeugt sei und welchen positiven Einfluss dies auf Umwelt und Artenvielfalt habe. Nur so kann seiner Meinung nach nachhaltiger Konsum langfristig gestärkt werden.

BLHV-Präsident Bernhard Bolkart, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landfrauenverbands-Präsidentin Christiane Wangler zeigten sich mit der gemeinsamen Vereinbarung hochzufrieden.

Informationskampagne

Mit einer groß angelegten Image- und Informationskampagne soll deshalb in Baden-Württemberg das Bewusstsein der Verbraucher für regionale Landwirtschaft, Biodiversität und Nachhaltigkeit gestärkt werden. Um eine starke Wiedererkennung und effektivere Kommunikation zu gewährleisten, sollen alle bisherigen Marketingaktivitäten unter einer Dachmarke vereint werden.

Der Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV), Joachim Rukwied, wertete den Dialog in einer ersten Reaktion als gelungen. „Wenn Lebensmittelhersteller und -händler, Politik, Naturschutz und Landwirtschaft sich auf einen gemeinsamen Weg verständigen, können Zukunftsperspektiven für unsere Bäuerinnen und Bauern geschaffen werden, der Naturschutz gestärkt und die Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln aus der Region gesichert werden“, betonte Rukwied.

Vorbildfunktion 

Aus seiner Sicht hat Baden-Württemberg erneut gezeigt, wie man mit vernünftigen Kooperationen anstelle von Ordnungsrecht eine zukunftsweisende Agrar- und Umweltpolitik auf den Weg bringt. Für Rukwied nimmt damit der Südwesten eine Vorbildfunktion für die Politik in Brüssel und in Berlin ein.

Der NABU-Landesverband Baden-Württemberg pocht darauf, die „vielen sinnvollen Anstöße“ im Gesellschaftsvertrag nun zügig umzusetzen. „Es muss sich für Landwirtinnen und Landwirte lohnen, im Einklang mit Klima-, Gewässer- und Artenschutz zu wirtschaften“, sagte der Landesvorsitzende Johannes Enssle. Zugleich müsse die Politik auf EU-, Bundes- und Landesebene schädliche Subventionen streichen.

Die Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AÖL) bedauerte, dass der Gesellschaftsvertrag an vielen Stellen unkonkret geblieben sei. Das Ziel, die Interessen vieler zusammenzubringen, sowie das Kartellrecht hätten sich hier als hohe Hürden erwiesen. Der Wert des Vertrags müsse sich nun an der Umsetzung in die Praxis zeigen. 

Elsner

Was konkret geschehen soll

Was ist alles enthalten in der gemeinsamen Vereinbarung? Hier einige zentrale Punkte:

Weiterentwicklung regionaler Wertschöpfungsketten:

Ziel ist die Stärkung der regionalen Wertschöpfung durch Kooperationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Der Handel soll das Angebot an Bioprodukten  und regionalen Produkten ausweiten und diese besser sichtbar platzieren. Programme wie das Qualitätszeichen Baden-Württemberg und das Biozeichen sollen weiterentwickelt und auf weitere Produktgruppen ausgedehnt werden.

Förderung einer nachhaltigen und vielfältigen Landwirtschaft:

Damit sich eine nachhaltige Landwirtschaft auch wirtschaftlich für die Landwirte lohnt, sollen zielgerichtete Anreize und Fördermaßnahmen auf allen Ebenen, insbesondere für kleinere Betriebe, die oft eine höhere Artenvielfalt aufweisen, entwickelt werden. Baden-Württemberg setzt sich darum dafür ein, dass Landwirte gezielt für ihre Beiträge zum Umwelt- und Artenschutz belohnt werden, statt nur Mehrkosten und Ertragsverluste auszugleichen. Gleichzeitig soll Bürokratie  abgebaut werden.

Regionale Außerhausverpflegung ausbauen:

In Kantinen, Mensen und Restaurants sollen biologische sowie regionale Produkte verstärkt auf den Speiseplänen stehen. Die Landesregierung hat bereits Maßnahmen ergriffen und setzt in ihren eigenen Kantinen bis 2030 einen Anteil von 75 % regionalen und 40 % bioregionalen Lebensmitteln fest.

Mehr Transparenz für Verbraucher:

Eine transparentere Kennzeichnung regionaler Produkte soll es  Verbrauchern erleichtern, bewusstere Kaufentscheidungen zu treffen. Menschen müssen auf einen Blick erkennen, welche Lebensmittel regional erzeugt werden und welche positiven Effekte sie auf Umwelt und Artenvielfalt haben. So soll  ein nachhaltiger Konsum gefördert werden. Begleitet wird dies von Marketingmaßnahmen, die die Sichtbarkeit und Nachfrage regionaler Produkte steigern sollen. Eine  Image- und Informationskampagne soll das Bewusstsein für regionale Landwirtschaft, Biodiversität und Nachhaltigkeit schärfen, wobei alle Marketingaktivitäten unter einer Dachmarke gebündelt werden, um eine starke Wiedererkennung und effektivere Kommunikation zu gewährleisten.

Landwirtschaft und Biodiversität in der Bildung stärken:

Die Bedeutung von Landwirtschaft und Biodiversität soll stärker in der öffentlichen Bildung verankert werden. Bereits ab dem Kindergarten sollen Bildungsangebote den Wert der Landwirtschaft und den Umweltschutz besser vermitteln. Der Gesellschaftsvertrag sieht zudem gezielte Weiterbildungsangebote für Landwirte vor. Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auf Verwaltungsebene ausgebaut werden, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und gemeinsame Ziele zu erreichen.

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