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Auf die Stärken des Südens setzen

Die Landwirtschaftsminister aus Bayern und Baden-Württemberg haben sich vergangene Woche mit den Erzeugern getroffen, um über die Perspektiven der süddeutschen Schweinehaltung zu sprechen. Vieles blieb dabei unkonkret, auch weil der Bund häufig Mitspracherecht hat.

Im Laufe des Jahres haben sich Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk und seine bayerische Kollegin Michaela Kaniber bereits mit dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und den Verarbeitern über die Zukunft der süddeutschen Schweinehaltung ausgetauscht. Nun folgte auch ein Gespräch mit den Erzeugern.

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Bauernverbände fordern schnelle Hilfe und verlässliche Perspektiven

Als Vertreter der süddeutschen Bauernverbände waren beim Gespräch mit den Landwirtschaftsministern dabei: Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Klaus Mugele, Vizepräsident des Landesbauernverbandes (LBV), und Michael Fröhlin, Vorstandsmitglied und Sprecher für Schweinehaltung beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV).  In einer gemeinsamen Presseerklärung machten sie deutlich, dass die süddeutschen Schweinehalter dringend Unterstützung benötigten, um die Krise zu überstehen.  Hierzu sei es wichtig, dass Corona-Hilfen schnell und unbürokratisch bei den Betrieben ankämen. Zudem seien die Handelsunternehmen gefordert, die Vermarktung von Schweinen generell zu verstärken und die Marktlage auch über Regionalprogramme zu stabilisieren. Die staatlichen Qualitätssiegel der Länder seien zwar gut, reichten aber nicht aus: „Insbesondere in der Fleischwarenindustrie, in der Gastronomie sowie in öffentlichen und privaten Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung ist Regionalität noch stark ausbaufähig. Hier ist die Politik gefordert, Impulse zu setzen“, erklärte Heidl. Darüber hinaus müssten die Schweinehalter endlich eine klare und verlässliche Zukunftsperspektive bekommen. Dazu seien die Vorschläge der Borchert-Kommission zügig und in Gänze umzusetzen – einschließlich eines Bau- und Umweltrechts, das Um- und Neubauten ermögliche.

Geld soll schnell fließen

Im Anschluss an das Gespräch machten die beiden Landwirtschaftsminister gegenüber der Presse deutlich, dass schnelle Lösungen notwendig seien. Diese müssten gleichzeitig die unternehmerische Freiheit bewahren und es ermöglichen, die großen Herausforderungen bei der grundlegenden Neustrukturierung der tierischen Wertschöpfungskette aktiv anzugehen. Dafür gebe es mit der „Überbrückungshilfe drei“ bereits ein gutes Instrument. Beide Minister erklärten, dass sie im Austausch mit den Wirtschaftsministerien seien, damit die Corona-Gelder möglichst schnell ausgezahlt werden. Da die Pandemie weiterhin den Absatz von Schweinefleisch drücken wird, müsse den Ministern zufolge auch das Geld weiter fließen. Michaela Kaniber appellierte an die gesamte Branche, sich an den Qualitätsprogrammen der Bundesländer zu beteiligen. Zudem zeigte sie sich offen gegenüber dem Branchenwunsch für eine 5D-Herkunftskennzeichnung. 5D steht für in Deutschland geborene, aufgezogene, gemästete, geschlachtete und verarbeitete Schweine. Kaniber meinte sogar:  „Noch besser wäre 5B für Bayern und Baden-Württemberg.“ Um mit gutem Beispiel voranzugehen, hat sich Bayern schon im vergangenen Jahr zum Ziel gesetzt, dass die staatlichen Kantinen  bis 2025 einen Warenanteil von mindestens 50 % aus regionaler oder ökologischer Erzeugung anbieten sollen. Auf Länderebene werden die Förderprogramme FAKT in Baden-Württemberg und KULAP in Bayern weitergeführt. Peter Hauk zufolge ist in vielen Bereichen aber der Bund gefordert, zum Beispiel beim Bau- und Immissionsschutzgesetz. Deshalb wollen sich die Minister auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das Immisionsschutzrecht nicht den Tierwohlstall verhindert. Zudem fordert Hauk von den Ampelparteien, dass die Borchert-Pläne zügig umgesetzt werden. Ebenfalls abhängig von der Bundespolitik ist eine Absenkung der Fleischhygienegebühren. Kaniber und Hauk haben das Verbraucherschutzministerium gebeten zu prüfen, ob kleinere Betriebe wie Metzgerschlachtstätten hier einen Vorteil bekommen könnten. Hauk resümierte: „Unsere schweinehaltenden Betriebe brauchen langfristige Partnerschaften und Vertragsmodelle, die Vertrauen und Sicherheit schaffen, ohne die unternehmerische Freiheit völlig einzuschränken. Mehrerlöse über höhere Qualitäten müssen in der Wertschöpfungsstufe dort ankommen, wo der Mehraufwand auch stattfindet.“ Gemeinsam mit den betroffenen Akteuren sollen nun auf Fachebene die im Rahmen der Gespräche identifizierten Ansätze weiter ausgearbeitet und konkrete Lösungen gefunden werden.

Selbstversorgungsgrad unter 50 Prozent

„Wir müssen alles versuchen, um die Schweinehaltung in Bayern und Baden-Württemberg zu halten“, erklärte Michaela Kaniber und verwies auf einen Selbstversorgungsgrad von 90 % beim Schweinefleisch im Südosten. Im Südwesten sind es laut Hauk sogar nur 49 %. Er betonte aber gleichzeitig die Vorteile der Südschiene: Seiner Ansicht nach legten die Verbraucher mehr Wert auf gute Qualität aus der Region. „Wir sind ein Stück weit Vorbilder in der strukturierten Landwirtschaft“, so Hauk. Die Betriebe seien bäuerlich und nicht gewerblich, das Futter stamme häufig vom eigenen Betrieb und die Kreislaufwirtschaft sei damit Teil der Betriebsstruktur. Zudem sei das Metzgerhandwerk mit einem Anteil von etwa 20 % noch vergleichsweise gut vertreten und damit eine starke Stütze. Michaela Kaniber betonte, dass die beiden Bundesländer aufgrund der vergleichbaren Strukturen ideale Partner seien.

Maria Wehrle